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Berichte & Kritiken


Drummeli 2019

24. Februar 2019Von: Dominique SpirgiViews: 3749

v.l. Skelt!, Rula Badeen, Andrea Bettini, Susanne Hueber

Das Drummeli holt die Krone zurück – die schönsten Bilder von «5000 Joor Fasnacht»

Mit der Zeitreise durch die Basler und Welt-Geschichte ist den Machern des Drummeli 2019 ein grosser Wurf gelungen.

Das Drummeli ist sicher die einzige Veranstaltung im Musical-Theater, bei der fast so viele Darsteller auf der Bühne stehen wie Zuschauer auf den Sitzen Platz genommen haben. In der Vergangenheit präsentierte sich die Mutter aller Basler Vorfasnachtsveranstaltungen jeweils als eine Art Leistungsschau der Stammcliquen, garniert mit Raamestiggli, Schnitzelbängg und Guggenauftritten. Eine etwas verzettelte Monster-Revue mit Resultaten, die mal besser, mal weniger gut gelangen.

Für die Ausgabe 2019 haben die Verantwortlichen einen neuen Weg eingeschlagen und dem Anlass mit dem Motto «5000 Joor Fasnacht» einen roten Faden verliehen. Die 20 Cliquen, die je zwei Schnitzelbängg und Guggen sowie das Ensemble der Raamestiggli führen mit einem chronologischen Bilderreigen auf eine Zeitreise, die weit mehr beinhaltet als das Thema Fasnacht. Mit ausgesprochen witzigen, aber auch nachdenklichen Momenten, die sich zu einem absolut überzeugenden Ganzen zusammenfügen.

Es ist toll, wie sich die Stammcliquen – ergänzt durch das Spiel der Safranzunft – auf die ihnen zugeteilten Abschnitte der Geschichte eingelassen haben: Mit viel Kreativität, Witz, aber auch Ernsthaftigkeit, ohne der Versuchung zu verfallen, originell um der Originalität Willen zu sein. Und die auch mit der Wahl der gespielten Märsche auf das Thema eingehen mit dem Resultat, dass traditionelle Kompositionen überwiegen.

 «Drei zu null für Hampe»: Das sagen die Prominenten

Ein kleines bisschen enttäuscht schienen Regierungsrat Baschi Dürr und alt Grossratspräsident Remo Gallacchi in der Pause des Drummeli schon zu sein. Oder war es Erleichterung? Da haben die beiden doch für so schöne Skandälchen gesorgt – Dürr mit seiner rechtlich umstrittenen Tesla-Akquisition und Gallacchi mit seinem Baby-Ausschluss im Grossen Rat –, und wurden trotzdem nicht erwähnt.

Andere Regierungsräte, wie Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels, waren viel präsenter: «Drei zu null für Hampe», kommentierte Dürr mit schelmischem Lächeln. Der aktive Fasnächtler Gallacchi konnte sich am Schluss darüber freuen, dass sein Baby-Gate doch noch angetippt wurde. Beide Politiker äusserten viel Lob für das originelle Drummeli-Konzept. «Man lernt hier sogar noch etwas über die Basler Geschichte», sagte Dürr.

Auch Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann kam im Drummeli vor – mit dem mittlerweile bereits gewohnten Seitenhieb, dass sie in der Basler Politik eben nicht vorkomme. Zur Erwähnung ihrer Person äusserte sie sich nicht im Detail – «in anderen Vorfasnachtsveranstaltungen war ich präsenter». Dafür zeigte sich die ehemalige Musiklehrerin angetan vom musikalischen Teil.

Für CMS-Direktor Beat von Wartburg gehörte die Kriegs-Nummer der VKB mit «Z Basel am mym Rhy» in Moll zu den Höhepunkten. Vielleicht mag da aber auch mitgespielt haben, dass er einst selber als VKB-Pfeifer unterwegs war, bis er sich zur abgespaltenen Männer-Formation 1884 gesellte.

Marc Fehlmann, Direktor des Historischen Museums Basel, hätte wohl gerne das ganze Drummeli, das ihm gut gefallen habe, in seine Sammlung einverleibt. Er betonte aber, dass er rein privat hier sei.

Auch nachdenkliche Momente

Da sind sehr witzige Auftritte zu erleben, wie derjenige der Schnoogekerzli, die mit dem «Arabi» nachvollziehen, wie in der Steinzeit Waggisnasen, Trommelschlegel und die Zugsplagedde entdeckt wurden – letztere allerdings so gross und schwer, dass sie den Tambourmajor schlicht umhaut. Oder der Auftritt der Alte Glaibasler, die mit dem «Neye Glaibasler» an den Bau (und Zusammenbruch) der ersten Rheinbrücke im Jahr 1225 erinnern.

Es gibt ausgesprochen schön präsentierte und gespielte Bilderbogen, wie der Auftritt der Spale-Clique, die mit der Komposition «S Martinsglöggli» das der Stadt 1471 erteilte Messerecht würdigen. Oder die Wettstai-Clique, die mit dem «Wettstaimarsch» daran erinnert, wie der damalige Bürgermeister mit Namen Wettstein Basel aus der Umklammerung des Deutschen Reichs befreien konnte. Ein Ensemble mit historischen Blasinstrumenten ergänzt den Harst der Trommler und Pfeifer und sorgt damit für Begeisterungsstürme.

Zu erleben sind packende Choreografien wie etwa die der Breo, die mit dem «Glashaus-Blues» einen Flashback auf die Freiraum-Bewegung der 1980er-Jahre präsentieren: mit bewegten Pfeifern, die zum Gefecht mit dem trommelnden Polizeikordon antreten. Oder ausgesprochen ernsthaft-nachdenkliche Nummern wie diejenige der VKB, die mit einem «Z Basel am mym Rhy» in Moll (und gedämpften Trommeln) auf berührende Weise die Zeit des Zweiten Weltkriegs nachvollziehen.

Der rote Faden überzeugt

Nachdenklich und ernsthaft kommen zum Teil auch die Raamestiggli daher. Etwa der Auftritt des Hofnarren im Krieg, der mit viel ironischem Biss an die verlogenen «Nie wieder Krieg»-Vorsätze nach dem Sturz der Nazis erinnert. Das wunderbar aufspielende Stiggli-Ensemble begeistert aber auch mit überaus witzigen Nummern. Herrlich zum Beispiel das Männercliquen-Trio, das angesichts der sich langsam durchsetzenden Frauenbewegung den Weltuntergang voraussagt («Stell dir vor, e Frau als Comité-Obmaa»).

Sogar die beiden Schnitzelbängg lassen sich in diese Zeitreise einbetten: D Wanderratte mit dem Schwarzen Tod und d Stroossewischer mit der Mondlandung und der Hippie-Bewegung im Jahr 1969. Beide Bängg beweisen mit originell gedrechselten und mit Zwischenpointen bespickten Versen, dass sie zu den Top-Formationen gehören.

Das Drummeli hat mit der Zeitreise ein Experiment gewagt, das vollauf geglückt ist. Die Mutter aller Vorfasnachtsveranstaltungen darf sich zurecht wieder als Königin der prä-karnevalistischen Zeit fühlen.

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