Prinzähssinnen
Die drei jungen Prinzessinnen bilden den roten Faden durch das Stück im «Roxy».
Zeitgemäss, provokativ und mit viel Witz
Tanz-, Musik- und Theaterspektakel «Prinzähssinnen» im «Roxy»
Fahrstuhlmusik berieselt das Publikum, das auf der Tribüne im «Roxy» Platz genommen hat. Man wähnt sich in einem Kaufhaus; aus den Boxen erklingt eine warme Stimme, die die neuesten Produkte und Aktionen anpreist: von High Heels für Männer bis zu Kosmetika von Macho Matrix (Korrekturanmerkung des Webmasters: Macho Betrix)
Schmunzelnd lehnen sich die Besucher in die Sitze zurück, nicht ahnend, dass es sich bei der sanften Einstimmung im Saal nur um die Ruhe vor dem Sturm handelt. Denn was folgt, ist ein rasantes Tanz-, Musik- und Theaterspektakel, welches den Zeitgeist der jungen Frauen von heute mit viel Lust, aber auch Kritik an Männern wie Frauen widerspiegelt, ohne dass der Zeigefinger-Mahneffekt je zu Hilfe genommen wird.
Vom Teenie zur Frau
Bereits in der ersten Szene werden Tabus gebrochen. Auf zwei Plastiksofas liegend, sinnieren fünf Darstellerinnen über ihr von Löchern beherrschtes Wesen sowie die Geburt und nehmen dabei bei der Formulierung ihrer Geschlechtsteile kein Blatt vor den Mund. Die Besucher grinsen - die einen aus Amüsement, die anderen aus Verlegenheit. In verschiedenen Szenen wird das «Frau sein» durchleuchtet. Den eigentlichen roten Faden durch das Stück bilden drei junge Prinzessinen. Anfänglich noch schüchterne Teenies, durchlaufen sie verschiedene Stadien im Leben einer jungen Frau. Den «Chickly»-Groove legen sie mit der ersten Menstruation ab, von Barbie-Klischees werden sie enttäuscht und von der Pamela-Anderson-Traumwelt verärgert. Die Realität der Frau sieht anders aus, als sie in der schönen, reinen Welt dargestellt wird. «Open Your Eyes» schreit Sandra Nasic von der deutschen Crossover-Band «Guano Apes» beschwörend aus den Boxen, derweil die Darstellerinnen losgelöst und befreit abtanzen.
Mann per Telefon
Einer der Höhepunkte des Musiktanzraptheaters ist der Blick in die Zukunft, in der die selbstbewusste Frau sich ihr Gesamtpaket Mann per Telefon nach Hause liefern lässt. Ersatzteile wie Eileiter werden selbstverständlich nachgeliefert. «Wenn auch kein Mensch, so ist der Mann doch auch ein Lebewesen», ermahnt eine Verkäuferin eine verärgerte Kundin am Apparat. «Wir haben in der Schweiz doch bestehende Gesetze, die auch minderwertige Lebewesen schützen.» Das Stück endet mit der Apokalypse, in der die Mutter Erde alles in ihrem Schlund verschwinden lässt. Unter der Regie von Tom Ryser, der musikalischen Leitung von «Skelt!» sowie der Dramaturgie und Produktionsleitung von Eva Watson ist ein lebhaftes, zeitgemässes Stück entstanden, das ebenso durch seine Authentizität und direkte Sprache wie auch die Tanz- und Gesangseinlagen der acht Laiendar-stellerinnen überzeugt.