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Gleis X

01. September 1997Von: Dagmar BrunnerViews: 6810

EINE BASLER HIP HOP HISTORY

Abfahrt auf Gleis X

Eine der von der Kantonalbank honorierten «Ideen für Basel» ist ein Theaterprojekt der Basler Hip Hop-Szene. Ein Ensemble von zwanzig Darstellenden zeigt in «Gleis X» deren kreative Ausdrucksformer.

Der Appell ist unmissverständlich: «Do or Die!» steht auf dem Briefpapier von Bee4Real, einem «Förderverein für neue künstlerische Zusammenarbeit», der seit zwei Jahren vom Sommercasino aus agiert. Hier ist ein Teil der Basler Hip Hop-Generation aktiv: Zwei Dutzend Musik-, Tanz- und Kunstschaffende haben sich Ateliers eingerichtet, organisieren Festivals, Konzerte, Parties und unterrichten Interessierte in Tanz (Break), Malen bzw. Sprayen (Graffiti), Sprechgesang (Rap) und Musik-Gestaltung (DJ-Arbeit). Wer Näheres über die Hip Hop-Philosophie erfahren möchte, wird umgehend und hilfsbereit an mehrere Zuständigkeiten verwiesen: die Szene ist beneidenswert kommunikativ und perfekt vernetzt.

«Hip Hop ist keine Szene, sondern eine ganze Kultur», schwärmt Tom Ryser, der im Theaterprojekt «Gleis X» Regie führt. Ryser begann seine Theaterlaufbahn vor zehn Jahren in der Basler Schpiilkischte, lebt heute als Schauspieler in Berlin und ist unter anderem auch für die aktuelle Inszenierung des Zirkustheaters Cîrqu'enflex verantwortlich. Die Arbeit mit den jugendlichen DarstellerInnen - Laien im Schauspiel, aber Profis im Tanzen, Rappen und Sprayen - macht ihm Spass: «Es ist eine grosse Herausforderung, mit zwanzig ganz unterschiedlichen, energiegeladenen Leuten auf der Bühne zu arbeiten.» Das Reizvolle des Stücks sei seine Authentizität. «Autor und DarstellerInnen sind Insider. Nur die Rolle der Mutter wird von einer Berufsschauspielerin übernommen. Die Spielszenen wurden durch gezielte Improvisationen gemeinsam entwickelt.»

Identitätsstiftend

Autor und Produzent ist der 24jährige, bekannt geworden unter dem Namen «Skelt!». Er hat nicht nur die Geschichte geschrieben, sondern steht auch selber auf der Bühne, unter anderem zusammen mit seinen Kollegen Urs Baur («Black Tiger») und Tarek Abu Hageb («Tarek»), (Anmerkung des Webmasters: Zusammen mit «Red Gee», Members von «TNN») die letztes Jahr als Rapper in Klaus Pohls «Vinny» im Stadttheater aufgetreten sind. Skelt!'s Stück - das übrigens in Mundart gespielt wird - handelt vom jungen Hip Hop-begeisterten Samir, dem in Basel aufgewachsenen Sohn ausländischer Eltern, der nachts an den Gleisen unwissend das Graffiti eines anderen übermalt und damit nicht nur die Gesetze des Staates bricht, sondern auch das ungeschriebene Gesetz der Hip Hop-Kultur. Von beiden Seiten verfolgt, wird er schliesslich verhaftet und verpfeift unter Druck einen Mittäter und Freund. Für die einen ein Denunziant, für die anderen kriminell, muss Samir sich für seinen eigenen Weg entscheiden.

Anhand dieser Story möchten die Initianten einem breiten Publikum die Hip Hop-Kultur und Ihre Ausdrucksformen näherbringen. Skelt! ist in Basel geboren und verfügt über eine solide kaufmännische Ausbildung. Angesprochen darauf, was die Geschichte von Samir mit seinem Alltag zu tun hat, antwortet er: «Man braucht nicht sozial benachteiligt zu sein, um sich für Hip Hop zu interessieren. Entscheidend ist, dass ich mich selbst verwirklichen kann, meine Identität finde. Wir sind eine grosse Familie: Bei uns ist es nicht wichtig, woher du kommst, sondern was du tust.»

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