Schliesslich ist es eines der Grundprobleme der nicht-englischen Rapszenen, dass die blanken Ausdrucksformen dieser schwarzen Ghettokultur bloss eins zu eins kopiert werden können. Klar, im Sprayen, Tanzen und Deejayen kann man mit ein wenig Erfindungsgeist schnell eine (auch nationale) Eigenständigkeit entwickeln (das ist auch in der Schweiz der Fall, denn sowohl die Wandsprayereien als auch die Arbeit der DJs geniessen auch ausserhalb der Landesgrenzen Ansehen).
Aber um in der Musik etwas Eigenes zu entwickeln, bedarf es auch der eigenen Sprache: Die Fantastischen Vier aus Deutschland haben mit deutsch gesprochenen Raps schon zwei Platten produziert (eben ist die neuste, «4 gewinnt», erschienen), und die Franzosen haben sehr schnell begriffen, dass französischer Rap nur französisch gesungen sein kann. Folglich haben auch die welschen Sens Unik nicht zuletzt deshalb eine so satte Platte gemacht. Denn man kann sich nicht auf die Musik konzentrieren, wenn man dauernd überlegen muss, wie dieses Wort in Englisch heisst. Eigentlich ist es da erstaunlich, dass die vier Basler die ersten Deutschschweizer sind, die mit schweizerdeutschen Raps auftreten.
Erst letztes Jahr aus den Überbleibseln der Hardcore Lyrics Crew gegründet, veröffentlichten die vier Lehrlinge zwei Songs auf dem diesen Frühling erschienenen Sampler «Fresh Stuff 2», mit denen sie dann auch prompt zum Renner der Radiostationen wurden. Die Jungs waren selber ziemlich überrascht, aber eigentlich ist der Aha-Effekt leicht zu erklären: Die Hörerschaft versteht die Worte, würdigt den Versuch, etwas Schweizerisches zu kreieren, und kann die Texte mitrappen. Die singen die Hörer und Hörerinnen nämlich auch bei Polo Hofer, Züri West und anderen Mundart-Bands mit. Nur eben, dass P-27 rappen und nicht rocken.
«Früher haben wir in Nacht-und-Nebel-Aktionen 'Tags' gesprayt, aber heute zähen wir uns eigentlich nicht zur aktiven Szene» meint MC Tron im breiten Baaseldytsch. Zu viele Möchtegern-Ice-Ts, zu viele plumpe Amerika-Kopisten. Deshalb grenzen sie sich auch musikalisch immer wieder ab, treiben die Entwicklung eines eigenständigen Hip Hop vorwärts: Waren sie auf «Fresh Stuff 2» die einzigen Dialekt-Rapper, werden sie auf dem Nachfolger «Fresh Stuff 3» die einzigen sein, die einen englischen Text rappen.
Dass Teil drei des Samplers schweizerdeutsch gerappt sein wird, ist P-27 zu verdanken; MC Scen: «Der Produzent P.D. Slice wurde förmlich überschwemmt mit Demotapes von schweizerdeutsch rappenden Hip-Hoppern, nachdem diese unseren Song auf dem zweiten Teil gehört hatten und merkten, dass es geht.» Als nächsten Schritt werden Sie mit der achtköpfigen Basler Funkband Omikron zusammenarbeiten und eine Symbiose aus Rap, Maschinen und Instrumenten entwickeln. Wieder werden sie der Schweizer Hip-Hop-Szene eine Nasenlänge voraus sein.
Ihr Debüt «Overdose Funk» ist freilich nicht nur in Baseldeutsch gerappt: «Ich rappe sehr gerne in englisch, das macht mir nach wie vor Spass», meint Tron, der Ernste mit Rollkragenpulli und blonder Stoppelfrisur. Wie sie also in beiden Sprachen ihre Phantasiegeschichten erzählen, über das Sprayen und die szeneninterne Dynamik reflektieren, könnte der Fluss der Sprache durchaus noch Verbesserungen erfahren, aber als Auftakt und Durchbruch im obigen Sinne ist's allemal ein Meilenstein.
Fast makellos dagegen ist die Musik, die von den beiden DJs Radikkal und Tron auf dem Plattenteller und aus Rhythmusmaschinen gezaubert wird: feisse Beats und saubere Mix- und Scratch-Arbeit mit vielen eingebauten Geräuschen. So macht Schweizer Hip Hop Spass, und Freude kommt auf angesichts des sich anerbietenden Entwicklungspotentials.
So läuft das meistens: Eine Szene entsteht, wächst und gedeiht, aber das grosse Outing passiert meist mit einer Band, die auch innerhalb der jeweiligen Szene ein Newcomer ist. In der Schweizer Hip-Hop-Szene sind das die Basler P-27.
«Rappen kann man in jeder Sprache, auch in Baseldytsch», sagt der 19jährige Sänger Skelt! der Hip Hop Band P-27. Am Donnerstag präsentierte P-27 im "Only One" die erste in Schweizerdeutsch gerappte CD.
Was etlichen gestandenen Basler Bands verwehrt bleibt, gelingt derzeit vier jungen Rappern. Kaum ist ihre erste CD auf dem Markt, spielen Radiostationen das Werk tagaus, tagein. P-27 heisst die Basler Formation, ihre Besonderheit: baseldeutsche Rap-Reime.
Sie zählen zu den herausragenden Bands des «Swiss Hip-Hop Movement». «Murder by Dialect», einer ihrer Beiträge auf dem zweiten Schweizer Rap-Sampler «Fresh Stuff 2», wurde von den einheimischen Radiostationen rauf und runter gespielt und verschaffte ihnen über Nacht einen Kultstatus in der helvetischen Hip-Hop-Szene. Jetzt beglücken «P-27» ihre Fangemeinde mit ihrem ersten Tonträger.
In den P-27-Texten wird Basel zum Kriegsgebiet, wo Hip-Hopper und Sprayer unter ständiger Bedrohung durch eine böswillige Polizei stehen.
Basel hat endlich wieder die eigenen Megastars. Nein, so kampflos kann ein rechter Bebbi die Szene nicht einfach dem Berner Platten-Kuchen überlassen.
Mit einer Überdosis P-27 Funk wird eine ernstzunehmende Offensive gerappt. Vom Erfolg des Fresh Stuff 2 Samplers war man eigentlich vorgewarnt, was den Biss der zukunftsweisenden Formel P-27 betrifft.
Die CD beginnt mit einem Intro, dass von DJ Radikkal und Tron massgeschneidert und mit viel Scratches versehen wurde.
Knallbunt wie das von den Basler Rappern und gleichzeitigen Graffity-Künstlern der Gruppe P-27 gesprayte Cover für den Sampler «Fresh Stuff 2» erweist sich die Schweizer Hip-Hop-Szene voller Überraschungen.
Zehn Jahre nach Ausbruchs der Rap-Revolution in New York haben es die Deutschschweizer endlich auch geschafft, einen starken Tanzrhythmus mit einer starken Message zu verbinden.
Vor zwei Jahren erschien der Sampler «Fresh Stuff», der nach der Live-Manifestation CH-Fresh erstmals die Schweizer Rap-Szene auf Vinyl zusammenfasste. Inzwischen hat sich einiges getan, und der nun erschienene Nachfolger «Fresh Stuff 2» geht voll ab.